Der Jungherr von Strammin (Roman)

Fiction & Literature, Literary
Cover of the book Der Jungherr von Strammin (Roman) by Hans Fallada, Books on Demand
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Author: Hans Fallada ISBN: 9783746065892
Publisher: Books on Demand Publication: January 4, 2018
Imprint: Language: German
Author: Hans Fallada
ISBN: 9783746065892
Publisher: Books on Demand
Publication: January 4, 2018
Imprint:
Language: German

Es war ganz feierlich. Auf dem Hof hielten hintereinander die zwanzig vierzölligen Ackerwagen, jeder bis oben beladen mit prallen Weizensäcken und jeder bespannt mit vier Füchsen, mit jenen prachtvollen Füchsen, die unser Familiengut Strammin weit über Pommern hinaus berühmt gemacht haben. Auf der Freitreppe aber stand mein lieber Papa und hatte eben vor lauter Rührung und Aufgeregtheit zum dritten Mal sein Einglas verloren. Und hinter Papa stand Mama, rückte ihr Häubchen noch schiefer und murmelte immer wieder: "Oh, quel grand moment! Mademoiselle Thibaut, mon cachenez!" Während Madeleine Thibaut der Mama das Taschentuch aus dem großen Pompadour reichte, warf sie, nämlich die kleine Thibaut, mir einen ihrer raschen verführerischen Blicke zu und feuchtete dabei schnell ihre Lippen mit der spitzesten Zunge an - als dürfe sie sich heute früh erlauben, was ich ihr schon zehnmal verboten hatte, nämlich das Poussieren mit mir, dem Jungherrn von Strammin. Nein, es war wirklich schon gar zu albern und gar nicht mehr feierlich! Es stimmte wohl: auf den Wagen waren unsere letzten vierhundert Zentner Weizen, und wir brauchten den Erlös dafür recht nötig. Und es stimmte weiter, wir hatten bis zum Stralsunder Hafen achtundzwanzig Kilometer zu fahren, und unser Käufer, der Kapitän Ole Pedersen der kleinen schwedischen Brigg "Svionia" war trotz seiner silbernen Ohrringe ein höchst zweifelhafter Bursche und würde alles versuchen, mich um den Kaufpreis zu prellen. Und zum dritten war es richtig, daß ich zum ersten Mal in meinem Leben eine derartige Aufgabe zu erfüllen hatte, weil nämlich unser braver Inspektor Hoffmann mit einem gebrochenen Bein im Bett lag. Aber dies war mir nun doch zuviel! Schließlich war ich kein barer Säugling mehr, sondern schier dreiundzwanzig Jahre alt, Erbjunker auf, zu und von Strammin, so gut wie verlobt und Besitzer eines vielversprechenden rotblonden Bärtchens (und verdammt vieler Sommersprossen). Außerdem war unser liebes Stralsund kein Ort, wo die Ottern und der Rost hausen, oder wie es sonst in der Schrift heißt, sondern eine gute, alte, ehrbare Hafenstadt, voll tugendsamer Bürger, die einem Strammin in jeder Not und Gefahr beistehen würden. So rief ich denn mit gewaltiger Stimme über den Hof: "Junghanns, abfahren!" und der Vorspänner Junghanns knallte mit der Peitsche, seine Füchse warfen die Köpfe und legten sich in die Sielen: knarrend setzte sich der Vierzöller in Bewegung. Und der nächste Knecht knallte mit seiner Peitsche und der ...

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Es war ganz feierlich. Auf dem Hof hielten hintereinander die zwanzig vierzölligen Ackerwagen, jeder bis oben beladen mit prallen Weizensäcken und jeder bespannt mit vier Füchsen, mit jenen prachtvollen Füchsen, die unser Familiengut Strammin weit über Pommern hinaus berühmt gemacht haben. Auf der Freitreppe aber stand mein lieber Papa und hatte eben vor lauter Rührung und Aufgeregtheit zum dritten Mal sein Einglas verloren. Und hinter Papa stand Mama, rückte ihr Häubchen noch schiefer und murmelte immer wieder: "Oh, quel grand moment! Mademoiselle Thibaut, mon cachenez!" Während Madeleine Thibaut der Mama das Taschentuch aus dem großen Pompadour reichte, warf sie, nämlich die kleine Thibaut, mir einen ihrer raschen verführerischen Blicke zu und feuchtete dabei schnell ihre Lippen mit der spitzesten Zunge an - als dürfe sie sich heute früh erlauben, was ich ihr schon zehnmal verboten hatte, nämlich das Poussieren mit mir, dem Jungherrn von Strammin. Nein, es war wirklich schon gar zu albern und gar nicht mehr feierlich! Es stimmte wohl: auf den Wagen waren unsere letzten vierhundert Zentner Weizen, und wir brauchten den Erlös dafür recht nötig. Und es stimmte weiter, wir hatten bis zum Stralsunder Hafen achtundzwanzig Kilometer zu fahren, und unser Käufer, der Kapitän Ole Pedersen der kleinen schwedischen Brigg "Svionia" war trotz seiner silbernen Ohrringe ein höchst zweifelhafter Bursche und würde alles versuchen, mich um den Kaufpreis zu prellen. Und zum dritten war es richtig, daß ich zum ersten Mal in meinem Leben eine derartige Aufgabe zu erfüllen hatte, weil nämlich unser braver Inspektor Hoffmann mit einem gebrochenen Bein im Bett lag. Aber dies war mir nun doch zuviel! Schließlich war ich kein barer Säugling mehr, sondern schier dreiundzwanzig Jahre alt, Erbjunker auf, zu und von Strammin, so gut wie verlobt und Besitzer eines vielversprechenden rotblonden Bärtchens (und verdammt vieler Sommersprossen). Außerdem war unser liebes Stralsund kein Ort, wo die Ottern und der Rost hausen, oder wie es sonst in der Schrift heißt, sondern eine gute, alte, ehrbare Hafenstadt, voll tugendsamer Bürger, die einem Strammin in jeder Not und Gefahr beistehen würden. So rief ich denn mit gewaltiger Stimme über den Hof: "Junghanns, abfahren!" und der Vorspänner Junghanns knallte mit der Peitsche, seine Füchse warfen die Köpfe und legten sich in die Sielen: knarrend setzte sich der Vierzöller in Bewegung. Und der nächste Knecht knallte mit seiner Peitsche und der ...

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